kap 3
Es war zwölf Uhr nachts und James hatte immernochnicht geantwortet. Lea kam das seht komisch vor - wenn er nichts vor hatte, checkte James einmal in der Stunde seine Mails, was also voraussetzte, dass er heute Abend etwas zu tun hatte. Natürlich musste das nicht zwangsläufig etwas mit Ann zu tun haben. Vielleicht bildete sie sich alles nur ein und reagierte völlig über. Haha. Ganz sicher.
Sie öffnete ihr Fenster und ließ die klare, nächtlich kühlen nach-Gewitters-Luft herein. Die Wolken hatten sich verzogen, am Himmel funkelten die Sterne, eine leichte Briese wehte ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie spürte, dass ihre Glieder schmerzten. Wenn sie genau darüber nachdachte, war sie heute genau zweimal draußen gewesen, und zwar auf dem Weg zum Auto, und auf dem Weg aus dem Auto in die Schule. Na gut, viermal. Leise knipste sie das Licht aus und öffnete ihre Zimmertür. Ihre Mutter war glücklicherweise bereits zurück und lag im Bett, sie hatte mit Lea geschimpft, weil sie so spät noch auf war und am PC saß (sie hatte sich auf Facebook ihre Zeit mit sinnlosen Dialogen vertrieben), doch nach einer guten halben Stunde Streit war sie so erschöpft gewesen, dass sie es aufgegeben hatte, ihre Tochter kurz umarmt hatte und dann ins Bett gegangen war. Alles war dunkel. Langsam tastete sie sich durch die schwarze diele, darauf bedacht nicht an die herumstehenden Schuhe zu stoßen, schnappte sich ihren Schlüssel aus dem Schlüsselkasten und schlich hinaus, ihre liebsten outdoor-schuhe (die einzigen ohne Absätze) in der Hand. Ganz vorsichtig schloss sie die Tür hinter sich und ging vorsichtshalber noch zwei Treppen hinab, bevor sie das Lich im Hausflur anschaltete und sich die Schuhe über die Füße zog. Sorgfältig band sie die Schnürsenkel zu schönen Schleifen, sicherte sie mit einem Knoten und war dann endlich im freien, auf der von Straßenlaternen nur spärlich beleuchteten Straße.
merlai am 18. September 12
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Kap 2
Frustriert trat sie gegen den Schrank, hielt sie sich noch frustrierter den schmerzenden Zeh und hüpfte auf einem Bein im Kreis. Und ihre Mutter war noch nicht einmal da, um angeschrien zu werden. Zum Verrückt werden!-niemand,an dem sie wenigstens ihre Wut auslassen konnte. Außer vielleicht an ihrem Kissen, aber schließlich konnte das auch nichts dafür. Deprimiert setzte sie sich an ihren Schreibtisch, mit dem festen Vorsatz, ihre Hausaufgaben zu machen, doch das stellte sich als schwieriger heraus, als man annehmen sollte. Irgendwann schlug sie - total niedergeschlagen - ihr Heft zu, legte eine CD ein und drehte auf volle Lautstärke, dann saß sie eine Weile nur da und starrte aus dem Fenster auf die Straße.
Draußen fing es an dunkel zu werden, finstere Wolken schoben sich vor die Sonne und die ersten Tropfen fielen. Ein kräftiger Wind fuhr durch die Bäume vor Leas Fenster und schüttelte sie durch. Es war wie ein dunkler Bote, der ihr etwas mitteilen wollte. Traurig und verzweifelt überlegte sie, was sie tun konnte. Nach ewigem hin und her entschied sie sich, James eine Mail zu schicken. Sie kuschelte sich in ihren Lieblingspulli, holte sich eine Tasse Kakao und setzte sich an ihren Laptop. Draußen fuhr der erste Blitz über dem Himmel, wenig später war ein lauter Donner zu hören. Das Gewitter kam außergewöhnlich schnell. Ihren Kakao schlürfend fing sie an zu tippen:
Lieber James.
Dann löschte sie die Zeile wieder. Das klang zu... altmodisch. Sie brauchte eine geschlagene halbe Stunde, löschte die Mail bestimmt hundertmal wieder und hatte schließlich eine einigermaßen passable Fassung zusammen.
Hey James,
ich schreibe diese Mail jetzt zum zwanzigsten mal. Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll. Ich bin ein wenig entäuscht von dir, eigentlich hätte ich erwartet, dass du wenigstens die Höflichkeit besitzt, dich erst vom einen Mädchen zu trennen, bevor du was mit dem nächsten anfängst. Ich kann ja gut verstehen, dass du dich nach jemandem besseraussehenden als mir sehnst und auch, dass dir nach zwei Monaten ein wenig langweilig ist. Aber bitte: Sag es mir, und flirte nicht einfach auf Teufel-komm-raus mit Ann! Oder war es nur ein nettes Gespräch, und du bist immernoch in MICH verknallt?
alles alles Liebe,
in großer Hoffnung und mit eineem furchtbaren Gefühl im Bauch,
deine, Lea