kap24
"Lea! Hey, Lea!", sagte eine lachende Stimme an ihrem Ohr. Erschrocken schrak sie aus ihren chaotischen Träumen auf. Ihr Kopf lag auf dem Schoß von irgendjemandem, im Freien, es war kalt und windete. Einen unsicheren Augenblick lang, wusste sie nicht, wo sie war und hatte ein seltsames Deja-vu Gefühl - als passiere ihr die erste Begegnung mit Trinial nocheinmal, nur besser.
Dann klarten langsam ihre Gedanken auf und sie erfasste, dass es nur Julian war. Beruhigt atmete sie lässiger und setzte sich auf.
"Na, du Schlafmütze", begrüßte er sie warm, "Genug geschlafen?"
Unwillkürlich musste sie auch lächeln. "Nicht mal annähernd", erwiederte sie, "Wieso hast du mich geweckt?"
"Erstens dachte ich, dass du vielleicht nicht die ganzee Party verschlafen wolltest und zweitens sind meine Beine eingeschlafen."
"Na dann..." Lea streckte sich und sah sich um. Ein Stück neben ihnen bereiteten die anderen Jugendlichen das Lagerfeuer vor: Sie hatten Holz zu einem Tippie aufgestapelt und füllten die Lücken mit Papier. Dann zückte einer ein Streichholz, riss es an und setzte den Stapel in Brand. Flammen zuckten an den Zeitungsknäulen nach oben und brannten sich in ihre empfindliche Netzhaut.
Lea zuckte zusammen und ihr Gesicht verzog sich wie von irgendeinem Schmerz. Ihre Schläfen begannen zu pochen.
Besorgt sah Julian sie an. "Was ist denn los?", fragte er.
"Nichts", murmelte Lea, "Ich bin nur ein bisschen... erschöpft."
"Siehst so aus", stellte er fest, was wenig schmeichelhaft war.
Sie spielte beleidigt. "Danke."
"Nein" Er wurde beinahe rot. "Nein, so meine ich das doch nicht. Ich meine, klar du siehst so gut aus wie immer, aber man sieht, dass du müde bist - das ist doch nicht so schlimm", dann, sich an sein charmantes Lächeln erinnernd, "Ich finde es sehr sexy." Seine grünblauen Augen leuchteten in ihre, er legte seinen Kopf leicht schief und zeigte seine strahlend weißes Lächeln - Lea fiel wieder ein, wie sie ihn damals, als er sie zum ersten mal angelächelt hatte, für unglaublich atraktiv gehalten hatte. Eine Weile lang, hatte sie sogar sehr für ihn geschwärmt. Irgendwann hatte sich das gegeben, doch sie hatte seinen Charme und seine Fröhlichkeit immer gemocht. Er hatte sich allerdings nicht sonderlich für sie interessiert, so weit sie sich erinnern konnte.
Jetzt, nachdem sie Trinian kennengelernt hatte, wirkte er jedoch beinahe kindlich. Er sah zwar sehr gut aus, doch seine Züge waren, ein bisschen zu weich, seine Nase ein bisschen zu spitz und insgesammt war er... war er... naja, eben einfach nicht perfekt. Nicht so wie Trinial.
'Fuck', dachte sie, 'kaum bin ich aufgewacht, denke ich schon wieder an meinen MATHELEHRER! Das ist doch krank!'
Am inzwischen fast prasselnden Feuer sah sich ein Mädchen zu ihnen um. Lea wusste nicht, wie sie hieß. Seltsam. Sie hatte gedacht, Julian und Paul hätten ihr alle Gäste vorgestellt...
Sie hatte lange, rotbraune Haare, ein feines, beinahe graziöses Gesicht und strahlende blaue Augen. Ihre Figur war gut, sie trug kein Make-Up und wirkte doch nicht uncool oder kindisch. Sie war einfach so schon hübsch genug. Bei ihrer Figur konnte man nur eifersüchtig werden, auch wenn sie sie mit den Jeans und dem Kaputzenpulli nicht einmal betonte.
Und ihr Blick, der Lea und Julian erfasste, war bohrend. Er schraubte sich mit Gewalt in ihren und drückte eine einzige, unglaublich starke Emotion aus: Neugierde. Forschend schien sie jedes Detail zu registrieren, alles wahrzunehmen und zu speichern.