kap11
Der Rest des Schultages verging, die Stunden flogen an Lea vorbei ohne irgendeinen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, als läge ein Nebel um sie herum, der sie von allen Einflüssen abschirmte. Sie hätte nicht mehr sagen könne, was sie in Englisch durchgenommen hatten, und aus der Chemiestunde tauchte in ihrem dunstigen Kopf nur kurz Helenas angemalte Haare auf: Jess und Mary hatten sich einen Spaß daraus gemacht, eine Strähne ihrer schönen blonden Locken mit einem roten und einem blauen Filzstift zu färben, was die arme Helena sehr geschockt hatte.
Als sie die Tür aufschloss konnte sie sich nicht mehr erinnern, nach hause gefahren zu sein. Das Mittagessen kochte sie, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, was sich bedauerlicherweise auch auf den Geschmack auswirkte: Undefinierbarer Matsch, der schwer im Magen lag.
Sie erledigte ihre Hausaufgaben und loggte sich kurz auf Facebook ein, allerdings ebenfalles ohne größere Konzentration, dann kam ihre Mutter heim und schimpfte mit ihr, weil sie die Küche nicht gemacht hatte, außerdem hätte sie Kopfweh und würde sich jetzt hinlegen. Lea nickte nur, zehn Minuten später lag sie in ihrem Bett und las ein Buch, bis ihr auffiel, dass sie den selben Satz schon zehnmal gelesen hatte und zudem in die falsche richtung blätterte. Es hatte keinen Sinn, sich selbst über den Grund ihrer Trance zu belügen:
Der wunderschöne Mathelehrer ging ihr nicht mehr aus dem Kopf.
Ständig hatte sie sein Gesicht vor Augen und ertappte sich dabei, dass sie sich Jessicas dämliche Fragen selbst stellte. Wütend schüttelte sie den Kopf. Verdammt, der Typ war ihr Lehrer, ihr MATHELEHRER!!! Wie konnte man in einen Mathelehrer verknallt sein?
Erst als sie am Abend im Bett lag fiel ihr auf, dass sie heute keinen einzigen Gedanken an James verschwendet hatte, auch in der Schule hatten sie kein Wort gewechselt. Es beunruhigte sie ein wenig, dass diese Tatsache sie überhaupt nicht störte. Sollte sie nicht irgendwie wenigstens ein bisschen eifersüchtig sein, oder sowas?